Das Jahr 2015 beginnt mit schlechten Nachrichten für Frauen, die in den armen oder doch nicht reichen Ländern dieser Welt gebären müssen: 56,6 Millionen Lebensjahre in Gesundheit gehen Frauen weltweit verloren, weil ihnen chirurgische Hilfe bei der Geburt versagt ist. Dieses bedrückende und erschreckende Ergebnis stammt aus der Datenanalyse der Global Burden of Disease 2010 Study. Unter Federführung von Forschern der Universität von Queensland im australischen Brisbane durchgeführt, wurden diese Ergebnisse im Januarheft der Fachzeitschrift British Journal of Obstetrics and Gynaecology veröffentlicht.

Die Forscher gehen davon aus, dass durch zeitgerechte chirurgische Hilfe vor allem Blutungen unter der Geburt, Schädigungen infolge eines verzögerten Geburtsverlaufs, Fisteln (oft entzündlich bedingte Gewebeschäden, die zu Gängen zwischen Scheide und Darm oder Scheide und Harnröhre im Beckenboden führen und so ständig Urin oder Kot aus der Scheide sickern lassen),die Folgen einer Abtreibung oder Enzephalopathien (Hirnschäden) beim Kind verhindert werden könnten. Als essentielles Paket an Interventionen, das jeder Frau zur Verfügung stehen sollte, sehen sie vor allem den Kaiserschnitt an. Des weiteren sollten Zangen- oder Saugglockeninstrumente zur Verfügung stehen, eine Ausschabung der Gebärmutter und Entfernung der Plazenta (Mutterkuchen) möglich sein sowie eine Ausrüstung zur Behandlung von Einrissen in der Scheide oder am Beckenboden vorhanden sein. Schließlich müsste auch für den äußersten Notfall (wenn Blutungen nicht anders gestoppt werden können) die Gebärmutter entfernt werden können (Hysterektomie).

Wäre dies gegeben, so die Hochrechnung der Forscher, könnten 37 Prozent mütterlicher und kindlicher Todesfälle und Gesundheitsschäden des Neugeborenen weltweit verhindert werden, wie es in einem Kommentar zu der Arbeit heißt. Während hierzulande die Technisierung der Geburtshilfe steter Anlass zur Klage ist, wird an solchen Zahlen klar, welche Desaster damit abgewendet werden. Jährlich müssen zum Beispiel weltweit 100.000 Frauen mehr mit Fisteln nach einer Geburt leben. Was das für ein Frauenleben bedeutet, schildert in demselben Heft der Fachzeitschrift der Bericht über eine 24 Jahre alte Frau in einem Land südlich der Sahara (Sub-saharan-Africa). Sie hatte bereits nach der ersten Geburt eine Fistel zwischen Scheide und Harnblase, die aber chirurgisch geschlossen werden konnte. Ihre zweite Geburt sollte mit Kaiserschnitt beendet werden. Obwohl sie sich rechtzeitig in der zuständigen Klinik meldete, wurde ihre Behandlung verzögert; nach 20 Stunden Wehen wurde sie in ein größeres Krankenhaus verlegt und wartete dort 24 Stunden auf Behandlung. Das Kind wurde tot geboren, ihre Blutungen konnten nur noch mit der Entfernung der Gebärmutter gestillt werden. Eine zweite Fistel wurde erneut behandelt.

Diese Geschichte spiegelt die Realität in vielen Ländern der Welt wieder. Viele Verfahren, die zur Geburtshilfe gehören, können delegiert werden, schreiben dazu Margaret Moyo und Jeffery Wilkinson, Ärzte aus Malawi. Aber eine Operation wie den Kaiserschnitt kann man nicht an ungeschulte Helfer delegieren. Es gelte daher, einfache operative Einheiten so weit wie möglich dahin zu verlagern, wo sie in ländlichen Gebieten als Basis der Geburtshilfe funktionieren könnten.

Quellen:

Higashi H, et al: British Journal of Obstetrics and Gynaecology 2015;122:228-237 http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/1471-0528.13198/abstract

Pope R, et al: British Journal of Obstetrics and Gynaecology 2015;122:182 http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/1471-0528.13157/abstract

McCaw-Binns A: British Journal of Obstetrics and Gynaecology 2015;122:237 http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/1471-0528.13215/abstract