Kommt die Nabelschnur vor dem kindlichen Kopf in den Geburtskanal in die Quere, so drückt sich das Kind selbst die Blutversorgung ab. Denn durch die Nabelschnur ist es über die Platzenta (den Mutterkuchen) in der Gebärmutter mit der Blutversorgung der Mutter verbunden. Bei der Geburt presst sich der Kopf, oder ein anderer vorangehender Teil des Kindes, maximal eng durch den Geburtskanal nach draußen. Hat sich ein Kind noch nicht tief eingestellt kurz vor der Geburt, gibt es viel Fruchtwasser, ist das Kind sehr klein, sind es Zwillinge oder gibt es eine Lageanomalie, auch beim Ansatz der Plazenta, dann ist die Gefahr größer, dass es zu einem solchen Vorfall der Nabelschnur kommt. Yinka Oyelese plädiert jetzt dafür, dass man systematisch mit Ultraschall vor der Geburt auch nach der Lage der Nabelschnur fahnden soll, um dann einen Kaiserschnitt zu machen. Man könne sich keine andere Bedingung in der Geburtshilfe vorstellen können, unter der “die pränatale Diagnose einen derartig dramatischen Unterschied zwischen Leben und Tod ausmache”, heißt es in dem Leserbrief an die Fachzeitschrift BJOG.

Der Leserbrief bezieht sich auf eine Studie, die zuvor in derselben Fachzeitschrift veröffentlicht wurde. Darin wird deutlich, dass ein Nabelschnurvorfall häufiger bei Kindern vorkommt, die mit Methoden der künstlichen Befruchtung oder anderen reproduktionsmedizinischen Maßnahmen (ART) gezeugt wurden. Auch eine Plazentalage nahe am Muttermund, also nahe an den Geburtswegen, ist ein Risiko für einen Gebärmuttervorfall, ebenso der Ansatz der Nabelschnur im unteren Drittel der Gebärmutter sowie Anomalien am Mutterkuchen oder an den Nabelschnurgefäßen. Damit sind manche Risiken offensichtlich – etwa dann, wenn bei der Zeugung nachgeholfen werden musste. Offen ist aber, ob man gezielt Mütter, bei denen ein Risikofaktor gegeben ist, speziell screent vor der Geburt, um einen Nabelschnurvorfall rechtzeitig zu entdecken. Das halten andere jedoch für geboten, denn dann ließe sich das Desaster, das fast immer mit einem Nabelschnurvorfall verbunden ist, mittels Kaiserschnitt verhindern. Denn wird es nicht vor der Geburt erkannt, sterben 56 % der Babies unter der Geburt, die Apgarwerte von der 1. und der 5. Minute liegen bei nur einem und fünf Punkten, das sind Werte auf einer Skala bis 10 maximal, die von einem extrem schlechten Zustand der Neugeborenen zeugen. Sich mit dem Ultraschall vor der Geburt zu überzeugen, dauere nicht lang und verbrauche in westlichen Ländern keine großen Ressourcen. Von daher fordert der Geburtshelfer aus Morristown in New Jersey/USA sogar, bei allen Schwangeren vor der Geburt sich sonografisch von der richtigen Lage der Gefäße zu überzeugen.

Quellen:

1. Oyelese Y: Vasa praevia screening. Letter. BJOG (online) 23. Dezember 2016 http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/1471-0528.14013/full

2. Ruiter L, et al.: Incidence of and risk indicators for vasa praevia: a systematic review. BJOG 2016;123(8):1278–1287 http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/1471-0528.13829/full