„Tradition suggests that mothers will unhesitatingly sacrifice their welfare in the interest of their babies”, sagt zum Beispiel Dr. W. Benson Harer jr., Chefarzt in Moreno Valley in Kalifornien. Mütter wollen, dass ihr Kind gesund geboren wird und gesund bleibt. Die Sorge um das Kind ist ein probates Mittel, um Schwangere zu beeinflussen, dafür tun Mütter alles, damit hat man sie am Haken. Umso perfider ist es, wenn Kaiserschnitt und natürlicher Geburt gegeneinander ausgespielt werden. Dies geschieht jetzt leider aufgrund einer Studie, die sich gut dazu eignet, missbraucht zu werden, weil viele wissenschaftliche Erkenntnisse außer Acht gelassen werden. Wer als Schwangere auf die Angstmache nicht hereinfallen will, wer sich nicht irre machen lassen will, muss genau hinsehen.

Die wichtige Nachricht ist: Wieder einmal wird eindeutig und klar festgehalten, dass der Kaiserschnitt im Vergleich zur natürlichen Geburt vor Beckenbodenschäden schützt: Die Studie fand das Risiko für Harninkontinenz um 80% vermindert, das für Organ/Gebärmuttervorfall (Prolaps) war noch deutlicher verringert (1).Was den Beckenboden der Mutter intakt hält, soll den Kindern schaden. Das stürzt Mütter naturgemäß in schwere Konflikte. Aber was ist wirklich dran an diesen Behauptungen? Die Auswertung bezieht sich auf 79 Kohortenstudien aus eher wirtschaftlich prosperierenden Ländern mit insgesamt mehr als 30 Millionen Frauen. Die Kinder sollten bis zum Alter von 12 Jahren ein um 20% höheres Risiko haben, an Asthma zu erkranken und ein um fast 60% höheres Risiko haben, übergewichtig zu werden, wenn sie mit einem Kaiserschnitt zu Welt kamen im Vergleich zu jenen, die auf natürliche Weise geboren worden sind. Mit diesen “Vorwürfen” an den Kaiserschnitt habe ich mich hier im Blog bereits am 30. Oktober 2015 auseinandergesetzt und die Argumente gegen diesen Kurzschluss aufgeführt (“Ein Fehlurteil wird endlich widerlegt: Der Kaiserschnitt verursacht weder Autismus, noch Diabetes noch Asthma beim Kind”), aber auch in einem Artikel für die Frankfurter Allgemeine Zeitung (2). Wichtig ist zu begreifen, dass viele Mütter den Kaiserschnitt erhalten, weil sie schon selbst Gesundheitsrisiken mitbringen, die dann natürlich das Kind anfälliger machen. Gleiches gilt für das Gewicht: Übergewichtige Mütter neigen eher zu Schwangernschaftsdiabetes, sie benötigen öfter einen Kaiserschnitt, weil die Geburt nicht so gut vorangeht. Die Kinder erleben schon im Mutterleib eine Stoffwechsellage, die sie anfälliger macht für das Speichern von Energieträgern. Auch das Essverhalten in solchen Familien leistet dem Übergewicht eher Vorschub. Aber dann macht nicht der Kaiserschnitt die Kinder dicker, sondern das Gewicht und eventuell ein Diabetes macht den Kaiserschnitt nötig. Wir vergleichen also nicht Kinder nach Kaiserschnitt und Kinder nach natürlicher Geburt objektiv miteinander, sondern die Kinder nach natürlicher Geburt stellen eine Auswahl von Kindern dar, die gesündere Voraussetzungen mitbringen. Somit lassen diese Studien nicht den Schluss zu, dass eine gesunde Schwangere, bei der es in der Vorgeschichte keine allergischen Erkrankungen gibt, die nicht übergewichtig ist, die keinen Schwangerschaftsdiabetes entwickelt hat, etc. für ihr Kind nach Kaiserschnitt hier erhöhte Risiken fürchten muss.Schließlich warnt die Studie noch vor vermehrten Fehl- und Totgeburten nach Kaiserschnitt. Kaiserschnitte sind fast die Regel bei älteren Frauen nach künstlicher Befruchtung. Deren Risiko, das Kind zu verlieren, ist enorm hoch. Wenn eine solche Gruppe mit in die Auswertung eingeht, lässt sich nicht ausschließen, ob dadurch das Ergebnis zuungunsten des Kaiserschnitts ausfiel. Auch hier gilt: Der Kaiserschnitt wird meist gemacht, weil etwas mit der Geburt nicht gut läuft, weil erhöhte Risiken bestehen. Diese können sich auch später in vermehrten Risiken für die weiteren Schwangerschaften niederschlagen. Auch hier darf man Ursache und Wirkung nicht verwechseln.Und schließlich die Gefahr des Reißens der Gebärmutter und der falschen Einnistung infolge der Narbe in diesem Muskelschlauch. Die sollte nicht vernachlässigt werden, weshalb vorsichtige Geburtshelfer nach einem Kaiserschnitt die Mode, es doch natürlich versuchen zu wollen, häufig nicht mitmachen wollen. Dann ist auch die Uterusruptur keine Gefahr. Man weiß, dass nach einem Kaiserschnitt sich die Plazenta, der Mutterkuchen, häufig am Ausgang der Geburtswege befindet, auch wächst die Plazenta fester an. Das kann man jedoch – und sollte es auch bewusst tun – bei Müttern nach einem ersten Kaiserschnitt mittels Ultraschall bei den nachfolgenden Schwangerschaften genau untersuchen. Ist man derart vorbereitet und weiß, mit was man zu rechnen hat, kann man dem bei dem nächsten Kaiserschnitt Rechnung tragen. Es wird künftig aber auch darauf ankommen, genau zu untersuchen, ob es vielleicht Operationsmethoden gibt, die das zu tiefe Einwachsen der Gebärmutter verhindern helfen. Oder womöglich könnten Nachbehandlungen der Narbe diese besser heilen lassen und diesen Nachteil verhindern. Dazu muss man aber intensiv die Möglichkeiten des Kaiserschnitts beforschen und nicht pauschal mittels schlechtem Gewissen bei den Müttern diesen partout verhindern wollen. Erst das unvoreingenommene Sammeln von Erfahrungen mit diesem Eingriff und der erklärte Wille, den Kaiserschnitt weiter zu verbessern, wird hier Abhilfe schaffen.

Quellen: 1. Keag OE, et al.: Long-term risks and benefits associated with cesarean delivery for mother, baby, and subsequent pregnancies: Systematic review and meta-Analysis. PLOS Medicine (online) 23. Januar 2018) http://journals.plos.org/plosmedicine/article?id=10.1371/journal.pmed.1002494

2. Geburtsmedizin: Ein guter Kaiserschnitt macht kein Kind krank (FAZ vom 8. September 2015) http://www.faz.net/aktuell/wissen/medizin-ernaehrung/geburtsmedizin-ein-guter-kaiserschnitt-macht-kein-kind-zum-kranken-13778813.html