Die schlechte Nachricht lautet: Nach wie vor haben Geburtshelfer wenig Anhaltspunkte dafür, ob bei einer Erstgebärenden die Geburt ohne Komplikationen verläuft oder nicht. Die gute Nachricht ist, dass immer mehr Ärzte und Hebammen dies erforschen wollen. Das ist ein Fortschritt gegenüber den vergangenen Jahrzehnten, in denen die Geburtshilfe zu den medizinischen Fächern zählte, in denen am wenigsten geforscht wurde, den Hinterbänklern sozusagen. Zu den interessanten Befunden, die jüngst in Sachen “Geburtsprognose” veröffentlicht wurde, zählt eine Studie aus Australien. Hier haben Ärzte herausgefunden, dass die Länge des Gebärmutterhalses – gemessen mittels Ultraschall – vorhersagen kann, ob unter der Geburt ein Kaiserschnitt zu erwarten ist oder nicht. Insgesamt wurden 212 Schwangere untersucht, bei denen eine vergleichsweise komplikationsarme Geburt zu erwarten war (low Risk). 158 davon waren Erstgebärende. Sie alle wollten und planten eine natürliche Geburt, für die es auch keine Gegenanzeigen gab, die also eigentlich hätte möglich sein sollen. Dann hat man in der 37. Schwangerschaftswoche die Länge der Cervix, des Gebärmutterhalses gemessen. Das ist jenes Stück Muskelschlauch, das den Ausgang der Gebärmutter markiert und in die Scheide hineinragt. Je kürzer dieses Stück war, desto eher ging eine natürliche Geburt ohne Verzögerung vonstatten. War der Gebärmutterhals kürzer als 20 Millimeter, kam es nur bei 5% zu einem Kaiserschnitt. Lag dieser Messwert bei 20 bis 32 Millimeter, so lag die Rate schon bei 17%. Und war die Cervix in dieser Messung länger als 32 Millimeter, so mussten diese Frauen in 27% mit einem Kaiserschnitt rechnen. Noch deutlicher zeigte sich der Unterschied, wenn man nur die Erstgebärenden einbezog. Dann lagen die Raten bei 4 %, wenn die Cervix kurz war (< 20mm), und sogar bei 33%, wenn sie lang war (> 32mm). Lag sie dazwischen, erhielten 22% einen Kaiserschnitt. Anders gesagt: Frauen, bei denen man in der 37. Woche noch eine Zervixlänge von über 32 mm per Ultraschall misst, haben ein 10fach (!) höheres Risiko, dass sie mit Kaiserschnitt die Geburt beenden müssen, als wenn sie zu dem Viertel der Frauen mit dem kürzesten Gebärmutterhals gehören. Das bedeutet, dass gerade für Erstgebärende die Länge des Gebärmutterhalses einen guten Anhaltspunkt gibt, ob man mit einem Kaiserschnitt rechnen muss oder nicht. Diese Länge ist mit Ultraschall in der 37. Woche relativ einfach zu bestimmen. Wenn das eine Schwangere weiß, kann sie weit besser planen als bisher. Auch für die Beratung ist dies wichtig. Frauen, die mit einer hohen Wahrscheinlichkeit ohnehin mit einem Kaiserschnitt rechnen müssen, können sich in jeder Hinsicht besser darauf vorbereiten und einstellen. Sie können sich erkundigen, was dann wichtig sein könnte. Vor allem fällt unter dem Geburtsstress die Entscheidung leichter, weil man schon vorher gewarnt war. Wichtig auch zu wissen, dass dieser Längenparameter offenbar unabhängig von anderen Risikofaktoren wie Alter der Mutter, Gewicht, Größe des knöchernen Beckens oder Anzahl der Geburten eine eigenständige Vorhersage erlaubt. Das ist besonders hilfreich für Erstgebärende. Denn in der Geburtshilfe gilt leider, dass man erst nach der ersten Geburt weiß, ob eine Frau problemlose oder eher komplikationsträchtige Geburten zu erwarten hat. Für das Vermeiden von Defekten, die gleich beim ersten Mal auftreten können, ist es dann naturgemäß zu spät. Plausibel ist das Ergebnis auch. Denn wenn der vorangehende Teil des Kindes, das ist meist der Kopf, sich nicht genügend “einstellt”, also richtig in die Geburtsposition drückt, dann drückt er nicht genügend auf den Ausgang und damit auf den Gebärmutterhals, dieser verkürzt sich nicht so stark, wie bei ordentlicher Position und das zeigt der Ultraschall an. Die Länge könne auch bedeuten, dass der Gebärmutterhals dem Druck der Muskeln, die das Kind austreiben wollen, offenbar starke Kräfte entgegensetzt, so dass die Geburt nicht leicht wird. Wenn sie sich dann in die Länge zieht und es nicht voran geht, wird oft eher ein Kaiserschnitt empfohlen, um die geschwächte Mutter und das Kind nicht weiter zu belasten oder zu gefährden. Obwohl es nicht der einzige Risikofaktor ist, auf den man sich auch nicht völlig verlassen kann, so sollte er doch Anlass geben, zusammen mit anderen Faktoren die Beratung abzuwägen. Wenn eine Mutter schon älter ist, eine lange Zervix hat und das Kind zudem noch sehr schwer ist mit großem Kopf, so sind dies gleich mehrere Faktoren, die die Geburt womöglich erschweren. Dies kann dann rechtzeitig – 3 Wochen vor dem Termin – festgestellt und in Ruhe mit der Mutter und dem Partner besprochen werden, um aufgeklärt und gerüstet zu sein.

Quelle: 

De Vries B, et al.: Is sonographically measured cervical length at 37 weeks of gestation associated with intrapartum cesarean section? A prospective cohort study. Acta Obstet Gynecol Scand (AOGS) 2018;97(6):668-676. Link: https://obgyn.onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/aogs.13310