Eine der problematischen Langzeitfolgen des Kaiserschnittes betrifft die Narbe: An jener Stelle, wo die Gebärmutter aufgeschnitten und nach der Geburt wieder zugenäht wird, bleibt eine Narbe. Diese unterbricht den Muskelverbund und birgt das Risiko, bei einer späteren Geburt zu reißen – ein dramatischer Verlauf, der für das Ungeborene und die Mutter lebensbedrohlich sein kann. Das ist zwar ein höchst seltenes Ereignis, es überschattet aber immer den Versuch, nach einem Kaiserschnitt noch einmal eine natürliche Geburt zu riskieren. Daher stellt sich die Frage, wie man am besten die Schnittstelle zunäht, um ein späteres Einreißen zu verhindern. Eine Übersichtsarbeit aus den Niederlanden hat sich dieser Frage gewidmet. Das Besondere daran ist vor allem, dass man überhaupt danach fragt: Wie lässt sich der Kaiserschnitt optimieren. Es existiert nämlich kein verbindlicher Standard. Wie bei so vielen anderen Operationen sollte es auch bei dieser darum gehen, stetig an der Verbesserung zu arbeiten. Das geschieht leider viel zu selten. Die Gebärmutter muss man sich wie einen kugeligen Muskel vorstellen, der einen Hohlraum umgibt, innen mit einer Schleimhaut ausgekleidet ist, in der sich der Embryo einnistet, und an einer Stelle – dem Muttermund – offen ist, dort ragt er in die Scheide hinein. Wenn dieser Muskel in der Schwangerschaft das Kind innen beherbergt, dehnt er sich und wird dünner. Unter der Geburt presst der Muskel das Kind durch den Muttermund – der sich in der Eröffnungsphase geweitet hat (zuvor hält er dicht, damit das Kind nicht zu früh geboren wird) – und schließlich durch die Scheide nach draußen.

Bei einem Kaiserschnitt – je nach Methode – schneidet man möglichst weit unten nahe dem Schambein die Haut quer und dann eröffnet man den Gebärmuttermuskel mit leichtem Schnitt und Dehnung per Hand, ein absolut standardisiertes Vorgehen gibt es hier nicht. Viel hängt davon ab, welche Methode der Chefarzt kann und bevorzugt, aus welcher “Schule” er kam und wie er überhaupt zum Kaiserschnitt steht. Es gibt Chefärzte, die schwärmen einem vor, wie gut sie das können, sind mit Begeisterung dabei, wenn es gilt, so gut zu nähen, dass alles später gut heilt, andere stehen dem Kaiserschnitt kritisch gegenüber und man kann sich denken, dass sie sich nicht viel Mühe geben. Klar ist aber, der Muskel verliert seine Integrität, der Strang, der sonst wie ein Strumpf rund in einem Stück gewebt war, ist nun zerschnitten und mit einer Naht zusammengerafft. Wie bei einem Strump neigen die Stellen rund um die Naht dazu, erneut einzureißen. Wie für jedes Narbengewebe gilt daher auch für die Gebärmutternarbe: hier gibt es eine Schwachstelle. Gerade dann, wenn bei einer nächsten Geburt viel Druck aufgebaut wird, um erneut ein Kind herauszupressen, steht auch die Narbe unter maximaler Spannung. Dies ist gefürchtet, denn dort ist die Gebärmutter gut durchblutet, damit droht zugleich ein großer Blutverlust. Das ist für Mutter und Kind gefährlich. Manche Geburtshelfer scheuen daher eine natürliche Geburt nach einem Kaiserschnitt. Je nach Studie wird die Häufigkeit einer Ruptur mit 0,06% bis 2% nach einem Kaiserschnitt angegeben. Manche zählen auch schon ein Klaffen der Narbe hinzu (Dehiszenz), so dass die Angaben stark variieren. Eine Zahl der INOSS (International Network of Obstetric Survey Systems) spricht von 2,4 bis 3 Rupturen unter 10.000 Geburten – also 0,24 bis 0,3%. Uterusrupturen, so der Fachbegriff für das Einreißen der Gebärmutter unter der Geburt, kommen auch ohne einen vorausgegangenen Kaiserschnitt vor. Allgemein gilt, dass eine Narbe das Risiko erhöht, um wieviel ist nicht wirklich klar. In einer Studie aus Pakistan hatten Frauen eine Rupturrate von 0,74 %, die Hauptursache war eine verzögerte Geburt, in rund 42 % lag eine Narbe nach Kaiserschnitt zugrunde. Bei einer Gruppe von Frauen nach Kaiserschnitt (also ohne den Vergleich zu Frauen ohne Kaiserschnitt) lagen die Raten bei 0,5 im Mittel. In Ländern mit guter medizinischer Versorgung sind sie jedoch niedriger, liegen hier bei 0,2 %, in solchen mit schlechteren Bedingungen bei 1,0 %, also um den Faktor 5 höher. Es kommt also entscheidend auch darauf an, wo die Geburt stattfindet. Schließlich ist noch wichtig, ob die Geburt spontan erfolgt, dann beträgt das Risiko für eine Ruptur einer Übersichtsauswertung zufolge 0,52 %, leitet man die Geburt ohne Prostaglandine ein, sind es 0,77% und treibt man die Gebärmutter mit Prostaglandinen an, sind es immerhin 2,45 %, eine Vervielfachung.

Jetzt aber zur Frage, wie sich dieses Risiko beim Operieren schon im vorhinein verringern lässt. Seit der sanfte Kaiserschnitt – weniger schneiden, mehr verschieben – propagiert wird, wird auch die Einzelnaht favorisiert. Die Debatte ist offenbar nicht eindeutig zugunsten einer doppelten oder einfachen Naht zu entscheiden. Gleichwohl findet eine neue Übersichtsarbeit, die auf 20 Studien und mehr als 15.000 untersuchten Frauen beruht, dass eine doppelte Naht auch mit einer dickeren Narbe einhergeht – dicker ist in dem Fall positiv gemeint, eine dünne Narbe gilt als problematisch. Man muss keine Nahttechniken kennen, sollte aber wissen, dass sie eine Bedeutung haben und vorher fragen, wie die “Nahtpolitik” in einer Klinik ist. Vor allem dann, wenn eine Frau zum Beispiel wegen der Querlage des Kindes oder einer Beckenendlage bei der ersten Geburt einen Kaiserschnitt benötigt, dann aber weitere Kinder will und sich eine natürliche Geburt wünscht. In diesem Fall spielt es eine Rolle, wie gut die Narbe standhält. Eine andere Arbeit aus Kanada zeigte nämlich, dass die Dicke der Narbe im Ultraschallbild mit ihrer Reißfestigkeit zusammenhängt: war sie dicker als 3,65 Millimeter, kam es statistisch signifikant seltener zu einem Reißen der Gebärmutter.

Diese Studie zeigt aber vor allem eines: Die Naht kann man gut oder weniger gut machen. Wenn wir von Risiken oder Nebenwirkungen eines Kaiserschnittes reden – und mit solchen Drohszenarien den Frauen Angst gemacht wird – dann wäre die Konsequenz in allen anderen medizinischen Fächern die, die Situation zu verbessern. Wir können heutzutage die schwierigsten Bauchoperationen wie zum Beispiel die Whipple-Operation am Pankreas mittels Roboter-Chirurgie immer noch komplikationsärmer machen. In so vielen Bereichen – beim Gelenkersatz etwa – arbeiten Heerscharen von Chirurgen an Innovationen. Nur wenn es um Geburten und Kaiserschnitt geht, tröpfeln die wissenschaftlichen Erkenntnisse traurigerweise spärlich vor sich hin. Wichtig wäre zum Beispiel ein verbesserte OP-Technik für den Kaiserschnitt vor allem im Hinblick auf die falsche Einnistung des Embryos zu entwickeln. Es wird vermutet, dass eine tiefliegende Plazenta – wie sie nach einem Kaiserschnitt, aber auch nach Manipulationen in der Gebärmutter zur künstlichen Zeugung stattfinden – mit der Kaiserschnittnarbe zusammenhängt. Das zu erforschen und zu verbessern, wenn man weiß, woran es liegt, wäre zum Beispiel wichtig für Frauen, die sich nach einem ersten Kaiserschnitt noch mehrere Kinder wünschen.

Aber immerhin, es gibt Versuche, die verschiedenen Nahttechniken zu vergleichen und daraus wichtige Rückschlüsse zu ziehen. Das ist immerhin ein guter erster Schritt.

Quellen:

  1. Stegwee SI, et al.: Uterine caesarean closure techniques affect ultrasound findings and maternal outcomes: a systematic review and meta-Analysis. BJOG 2018;125(9):1097-1108. Link: https://obgyn.onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/1471-0528.15048
  2. Vandenberghe G, et al. (INOSS): The International Network of Obstetric Survey Systems study of uterine rupture: a descriptive multi-country population-based study.BJOG 2019;126(3):370-381. Link: https://obgyn.onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/1471-0528.15271
  3. Swift BE, et al.: Sonographic lower uterine segment thickness after prior cesarean section to predict uterine rupture: a systematic review and meta-Analysis. Acta Obestet Gynecol Scand 2019 online 19. Feb. (doi: 10.1111/aogs.13585). Link: https://obgyn.onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1111/aogs.13585