Fake News gibt es nicht nur in der Politik. Wenn es um den Kaiserschnitt geht, versuchen viele ideologische Gegner, ihm Folgen anzuhängen, die Mütter verunsichern. Ein häufig geäußerter Vorwurf lautet, nach Kaiserschnitt würden Kinder öfter an Asthma leiden. Viele Mütter müssen per Kaiserschnitt entbinden, weil das Kind falsch liegt, sie eine schwere Infektion haben, weil das Kind eine Frühgeburt ist und somit viel sicherer per Kaiserschnitt entbunden werden kann oder weil sich die Geburt verzögert und es dem Kind nicht gut geht, so dass rasch etwas unternommen werden muss. All diese Mütter werden massiv verunsichert, wenn in der Öffentlichkeit behauptet wird, diese Geburtsform schade dem Kind auf lange Sicht. Sie benutzen die eine oder andere Studie, um Schäden herbeizureden, die sie nicht beweisen können. Aber es gibt in vielen Fällen keinen Grund, um die Gesundheit von Kaiserschnittkindern zu fürchten. Hier zeigt dies eine Studie für das Funktionieren der Lungen.

Zwei ältere Analysen aus dem Jahr 2008 bescheinigten dem Kaiserschnitt, dass die so entbundenen Kinder häufiger als natürlich geborene mit Allergien wie Asthma zu kämpfen hatten. Zwar war das relative Risiko sehr gering – für Asthma zum Beispiel nur um den Faktor 1,18 erhöht. Aber auch das lässt sich nicht aufrechterhalten. Eine deutsche Studie hat nun verschiedene Atemtests bei Kindern im Alter von 15 Jahren vorgenommen und gefragt, ob der Kaiserschnitt einen Einfluss auf die Lungenfunktion haben könnte. Für insgesamt 1850 Kinder liegen Antworten auf Befragungen und Lungenfunktionstestergebnisse vor. Es zeigte sich, dass es in punkto Atemfunktion keine Unterschiede gab im Hinblick auf den Geburtsmodus: Ob per Kaiserschnitt oder natürlich geboren, bei den Gruppen funktionierten die Lungen gleich gut, es gab insbesondere keine höheres Asthmarisiko unter jenen Kindern, die per Kaiserschnitt geboren waren. Allenfalls lässt sich sagen, dass die Kaiserschnittkinder besser abschnitten, auch wenn dieses bessere Ergebnis nicht statistische Signifikanz erreichte, man also nicht sicher sagen kann, ob das gute Abschneiden allein auf den Kaiserschnitt zurückgeht, oder andere Gründe hat. In ihrem Diskussionsbeitrag halten die Forscher der beiden Universitätskinderkliniken und der Dr. von Haunerschen Kinderklinik in München sowie dem Helmholtz Zentrum in Neuherberg sogar fest, dass bislang die meisten Studien (nämlich 11 von 19) kein erhöhtes Asthmarisiko bei Kindern nach Kaiserschnitt festgestellt hatten.

Dafür, dass dies dennoch immer wieder behauptet wird, ist ein wichtige Studie aus Schweden verantwortlich, eine Registerstudie, die das Geburtsregister in Schweden mit den Entlassungsdiagnosen von Kindern aus der Klinik verglichen hatte. Es könnte aber sein, dass diese Entlassungsdiagnosen nicht alle stimmten, denn in jungen Jahren kann man Asthma mit anderen Lungenkrankheiten verwechseln.

In einer andere Studie zeigte sich ein weiterer Zusammenhang, der weniger mit dem Kaiserschnitt als Ursache, denn als Folge einer kindlichen Problematik zu tun hatte: Frühgeborene werden öfter per Kaiserschnitt entbunden, weil dies für so wenig widerstandsfähige Babys sicherer ist. Frühgeborene haben aber sehr oft eine unreife Lunge und erleiden Lungeninfektionen in der Kind, was wiederum eine schlechtere Atemfunktion triggern kann, auch Asthmabeschwerden. Das gleiche gilt, wenn man ein zu niedriges Geburtsgewicht berücksichtigt, auch dies macht die Kleinen anfälliger. Also haben Kinder mit einem schlechten Start eher eine Beeinträchtigung ihrer Lungenfunktion. Sie haben aber auch eher einen Kaiserschnitt, weil man ihnen eine normale Geburt nicht zumuten kann. Nicht der Kaiserschnitt macht eine schlechte Lungenfunktion, sondern unreife Lungen und ein hohes Risiko für Atemwegsinfekte “machen” oder bewirken, dass so ein Baby eher per Kaiserschnitt das Licht der Welt erblickt. Der Kaiserschnitt ist nicht die Ursache, sondern die Folge einer Problematik, die sich auch auf die Lungen auswirkt. Die deutsche Studie hatte ein anderes Design und hat diesen verfälschenden Zusammenhang ausschließen können.

Jeder Wissenschaftler und Geburtshelfer, jede Hebamme und jeder Frauenarzt kann das nachlesen und begreifen. Wer dennoch widerholt, der Kaiserschnitt sei für ein erhöhtes Asthmarisiko verantwortlich, macht sich verdächtig. Verdächtig, dass er oder sie als Ideologen weiter eine Geburtsform verteufeln möchten, mit deren Hilfe ein Drittel aller Kinder in Deutschland und zunehmend mehr auf der Welt geboren werden. Über diese Studie, die den Kaiserschnitt von einem Vorwurf entlastet, wurde in den deutschen Medien nicht berichtet. Obwohl das sicher vielen Müttern geholfen hätte, die unter der Angst leiden, dass ihr Kind durch den Kaiserschnitt mehr Gesundheitsrisiken zu fürchten hat. Umgekehrt werden jene Studien aufgegriffen in den öffentlichen Medien, die zwar wissenschaftlich oft schlecht gemacht sind, aber dem Kaiserschnitt problematische Folgen für das Kind attestieren. Das zeigt, dass wir es nach wie vor mit Scheuklappen, mit einer Schlagseite in der Berichterstattung über die verschiedenen Geburtsformen zu tun haben.

Quelle: Brüske I, Pei Z, Thiering E, et al.: Caesarean Section Has no Impact on Lung Function at the Age of 15 Years. Pediatric Pulmonology 2015;50:1262-1269. https://onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1002/ppul.23196