Frauen, die mit Beckenbodenschäden zu kämpfen haben, kämpfen nicht selten an vielen Fronten. Denn die Organe da unten können nicht nur undicht werden – Stichwort Inkontinenz -, sie können nicht nur nach unten sacken – Stichwort Prolaps (Gebärmuttervorfall) und Zelen (Darmvorfall, Scheidenvorfall) – sie können sich auch entzünden. Vor allem bei der Frau, da im Bereich von Harnröhrenöffnung bis Anus per se schon jede Menge Bakterien angesiedelt sind, gute wie schlechte. Zudem ist die Harnblase der Frau ohnehin stark gefährdet für Blasenentzündungen, ihr Damm ist nämlich sehr kurz, der Darmausgang liegt nicht weit entfernt. Darmbakterien gelangen also eher mal in die Blase, und Darmbakterien sind der Hauptauslöser für Blasenentzündungen. Hinzu kommt eine unglückliche Konstellation für Frauen mit Geburtsschäden: Wer nach einer Geburt urininkontinent ist, versucht – oft unbewusst – weniger zu trinken, um nicht so oft auf die Toilette zu müssen. Außerdem wird “frau” dann öfter vorsorglich zum Wasserlassen gehen, um ja nicht von einer zu großen Urinmenge mal beim Niesen oder Heben überrascht zu werden. Infolgedessen wird die Harnblase seltener von großen Urinmengen “durchgespült”. Das wiederum ist eigentlich die Vorbeugung und Therapie für diejenigen, die das vermeiden oder im Falle des Falles behandeln wollen. Ein Dilemma also. Es gibt jedoch Lösungsansätze.

Wir wissen aus zahlreichen Studien zum einen, dass Probiotika den Bakterienhaushalt im Darm regulieren, sprich die gesunden, guten Darmbakterien aufbauen helfen und die schädlichen, pathogenen in Schach halten. Deshalb helfen sie bei Durchfällen, etwa nach Einnehmen von Antibiotika. Probiotika machen die Darmflora (alles an Bakterien, was im Darm lebt, das ist letztlich das Darmmikrobiom) nicht nur gesünder, sondern auch diverser. Was heißt das? Divers bedeutet, es sind eher mehr unterschiedliche Bakterienstämme als weniger. Je uniformer die Bakteriengruppierungen, desto schlechter, je vielfältiger, desto besser. Überdies machen Probiotika nicht nur das Darmmikrobiom divers und gesund, sondern auch das Urobiom – ja, alles, was Harnblase und Harnröhre besiedelt. Und nicht zuletzt das Vaginom – also die Scheidenflora. Die muss nämlich möglichst sauer sein, hier helfen die berühmten Laktobazillen. Je saurer und damit gesünder die Scheidenflora, desto schwerer haben es schädliche Darmbakterien bis zur Harnröhre vorzudringen. 

Kurzum – von vorne bis hinten, von Harnröhrenaustritt über Scheidenausgang bis Darmende am Anus sollten Frauen ihre Bakterienbesiedlungen möglichst gesund und divers halten. Wir alle haben viel um die Ohren – von Familie bis Beruf bis Freizeit, warum nicht also zu einfachen Lösungen greifen, jedenfalls ab und zu. Probiotika bieten diese einfachen Lösungen. Ich habe einige wissenschaftliche Studien angeführt und zugegeben: So ganz 100% überzeugend ist die Datenlage nicht. Aber selbst, wenn die Effekte klein sind, “frau” kann rein gar nichts falsch machen mit einigen wenigen Schluck pro Tag. Wer die Kosten nicht scheut, ist damit gut beraten. Denn es spricht mehr dafür als dagegen, dass wir mit so einer konfektionierten Hilfe mittels eines kleinen Fläschchens Probiotika aus dem Kühlregal viel Aufwand mit fermentieren Lebensmitteln etc. sparen – und gleich drei Problemzonen sanieren: Scheide, Darm und Harnsystem. Es gibt – und wo gibt es das sonst – keine Nebenwirkungen. 

Warum betone ich das so? Weil es manchmal eine Mixtur aus vielen einzelnen  Maßnahmen ist, die in der Summe dabei hilft, ein Jahr lang keine Zystitis (Blasenentzündung) zu erleiden. Weil ich stets gern in Beratungsgesprächen weitere praktische Tipps gebe, möchte ich diejenigen, die Harnblasenentzündungen vermeiden, an dieser Stelle gesammelt anhängen. Das beruht nicht auf wissenschaftlichen Daten, aber ich habe selbst dazu schon viele bestärkende Rückmeldungen erhalten. 

Verwenden Sie bitte keine, wirklich keine Vorlagen, oder allenfalls in Notfällen. Warum? Diese Teile werden anders als Baumwollunterwäsche schon feucht von normaler Hautausdünstung. Frauen haben zwar das Gefühl, trocken zu sein, sind es aber nicht, denn das Flies atmet Feuchtigkeit, die man nicht fühlt. Wer den Slip wechselt, weil er sich feucht anfühlt, ist besser beraten. Feuchtigkeit bahnt den Nährboden für Bakterien und die trickreichen Darmbakterien fühlen sich in feuchtem Milieu besonders wohl.

Des weiteren sollte “frau” nach jedem Intimverkehr die Blase leeren, nach jedem. Es ist in den Augen vieler Expertinnen und Experten ein absolutes Muss, daher wiederhole ich es hier, obwohl es regelmäßig auch in Frauenzeitschriften steht. Denn egal ob Penetration oder Petting oder Sextoy oder was immer “frau” genossen hat – wer ohnehin empfindlich ist in Sachen Zystitis, sollte auch im Falle von positiven Reizungen der Genitalzone dafür sorgen, dass die Harnröhre gut ausgespült wird. 

Das gilt schließlich auch für äußere Spülungen. Je weniger Chancen Darmbakterien haben, in Richtung Blasenausgang aufzusteigen, desto seltener entsteht eine Blasenentzündung. Deshalb heißt es immer so schön: “Intimhygiene anpassen” oder “hygienic measures”, aber was bedeutet das? Waschen mit Detergenzien macht die Haut kaputt. Also allenfalls ph-neutrale Zusätze und die müssen wieder runter von der Haut und den Schleimhäuten. Aber wie – jedes Mal eine Dusche nach dem Stuhlgang lässt sich kaum in einen vernünftigen Alltag integrieren. Ich kann dafür leider keine Studie anführen, und die Tatsache, dass ein männlicher Wissenschaftsredakteur die Sache ebenso empfiehlt, macht es nicht viel besser. Aber ich würde es nicht erwähnen, wenn mir der Nutzen nicht höchst plausibel vorkäme: es geht um das Bidet, die Frauendusche. Nach jedem Stuhlgang lässt sich von oben bis unten der Intimbereich mit fließendem, hautfreundlichen Wasser abduschen. Wer für hautverträgliche Seifen oder Waschlotionen nutzen mag, kann diese umstandslos und gründlich wieder abwaschen, anschließend alles gut trocknen. Das ist eine sehr einfach umzusetzende Maßnahme, die auf lange Sicht perfekte Intimhygiene möglich macht. Ich erwähne dies nicht zuletzt deshalb an dieser Stelle, weil ich in vielen Gesprächen von Frauen gehört habe, dass sie bei ganz anders gelagerten Probleme am Beckenboden – dünner Damm, Narbenpflege, Stuhlinkontinenz – ein Bidet nicht mehr missen wollen.

Keiner dieser Präventiv-Bausteine für sich genommen garantiert, dass es keine Harnwegsentzündungen mehr geben wird. Aber in der Summe kann es heißen, dass man die Frequenz merkbar reduziert. Täglich ein Schoppen Probiotika, hautfreundliche Slips und der Verzicht auf Vorlagen plus das Bidet nutzen, sofern vorhanden, oder den Einbau erwägen, sofern machbar – das ist eine Präventionskombination, die man so nicht nachlesen kann. Das wird die eine oder andere Frauenärztin, Hausärztin, der Urologe oder der Urogynäkologe vielleicht mal erwähnen. Ich habe all dies immer wieder aufgeschnappt, in Gesprächen, auf Kongressen, von befreundeten Ärztinnen und Ärzten  – es entbehrt jeder Systematik. Aber ich weiß, Frauen mit Beckenbodenschäden kämpfen an vielen Fronten, da mag es hilfreich sein, an vielen Fronten mit einfachen Maßnahmen dagegen zu halten.

Quellen: 

  1. Joyce C, Halverson T, Gonzalez C, Brubaker L, Wolfe AJ. The Urobiomes of Adult Women With Various Lower Urinary Tract Symptoms Status Differ: A Re-Analysis. Front Cell Infect Microbiol. 2022 Jun 9;12:860408.
  2. Schiereck T, Yeldan S, Kranz J, Schneidewind L, Wagenlehner F, Wieters I, Vehreschild MJGT, Otto T, Barski D. Mikrobiomanalyse der Harnblase und probiotische Therapieoptionen bei Frauen mit rezidivierenden Harnwegsinfektionen [Urinary bladder microbiome analysis and probiotic treatment options for women with recurrent urinary tract infections]. Urologe A. 2022 Jan;61(1):41-51. 
  3. Pigrau C, Escolà-Vergé L. Recurrent urinary tract infections: from pathogenesis to prevention. Med Clin (Barc). 2020 Aug 28;155(4):171-177.