Erfahrungen aus der Praxis sind unbezahlbar. Ich danke Mareike Harder ausdrücklich, dass ich Ihren Beitrag hier teilen darf. Ich habe das zuerst auf “Die Risiken der vaginalen Geburt” auf Facebook gelesen und war ungemein beeindruckt. Aber Achtung Triggerwarnung, das ist zum Teil vielleicht nicht für jede Frau und nicht für jede Schwangere eine einfache Lektüre. Dennoch, wer wirklich informiert sein will, sollte sich das antun (vielleicht erst von jemand anderem lesen und dann berichten lassen).
Alle Frauen, die wegen Beckenbodenschäden keine weitere natürliche Geburt mehr wagen sollten, oder die wegen eindeutiger Risikofaktoren an einen Plan B denken, oder all jene, die sich aus anderen Gründen für einen Kaiserschnitt entschieden haben, sollten sich die hir so wunderbar erklärten Unterschiede zwischen einem geplanten Kaiserschnitt (die Medizin nennt ihn elektiv) und einem ungeplanten Kaiserschnitt (Notkaiserschnitt) ganz am Ende einer schlimmen Geburt klar machen, der eben auch lebensbedrohlich werden kann. 
Ganz entscheidend kommt es darauf an, Äpfel nicht mit Birnen zu verwechseln. Wen Ärzte und Ärztinnen oder Hebammen in Kliniken den Frauen mit der “Drohung” Kaiserschnitt Angst einjagen, dann sollte man genau nachfragen, von welcher Art Kaiserschnitt sie reden. Wenn andere Frauen von ihren Erfahrungen mit einem Kaiserschnitt erzählen, sollte man genau nachfragen, welche Art Kaiserschnitt sie hatten. Wenn man in Zeitschriften vom Kaiserschnitt liest oder in Fernsehbeiträgen der Kaiserschnitt erwähnt wird, sollte man argwöhnisch werden, wenn nicht genau unterschieden wird zwischen der einen oder der anderen Variante. Frau Harder tut es im Folgenden anschaulich und ehrlich:

Warum bin ich für den WKS?
Ich bin Fachschwester für Intensiv- und Anästhesie. Ich bin auf der Intensivstation und im OP/Anästhesie tätig. Auf der Intensiv führen wir das Rea-Team (Notfall/Reanimation/Wiederbelebung) für das ganze Haus. Das heißt, kommt es auf irgendeiner Station, im OP oder auch im Kreißsaal zu einem Notfall, werden wir angerufen und müssen mit Defi (für den Elektroschock), Notfallkoffer, Reanimationsbrett etc. loslaufen. In den Kreißsaal werden wir gerufen, weil wir keine eigenen Kinderklinik/Kinderärzte in unserem Haus haben und deshalb die Erstversorgung machen müssen, bis Kinderarzt und Babyrettungswagen bei uns sind. Das dauert so 30-45 Minuten. Für Säuglingsnotfälle sind deshalb erstmal wir zuständig um die Neugeborenen abzusaugen, zu intubieren (Atemschlauch in die Luftröhre legen) und beatmen und ggf. im schlimmsten Fall zu reanimieren. Das kann man alles gar nicht mit einer “Erwachsenenreanimation” vergleichen.
Die meisten Säuglingsnotfälle die ich erleben musste, sind nach einer Spontangeburt oder einem Notkaiserschnitt mit vorangegangener, versuchter Spontangeburt entstanden. Es tut mir leid das ich es so sagen muss und ich weiß, dass gerade die KS-Gegner sowas nicht hören wollen und die Augen davor verschließen um bloß nichts auf die Spontangeburt kommen zu lassen. Aber es ist nun mal Fakt. Und jetzt ohne Scherz und ohne Schwindeln: Ich hatte in 10 Jahren noch nicht einen einzigen Säuglingsnotfall nach einem WUNSCHKAISERSCHNITT!! (Hervorhebung von mls).
 
Auch die Notfälle der Frauen, wie z.B. Hypovolämischer Schock durch Blutverlust waren Spontangebärende oder NKS (steht im Folgenden für Notkaiserschnitt) wo die Gynäkologen wie die Schlachter arbeiten mussten um dieses Kind “rauszureißen” – ja… hier (und auch nur hier) reden wir wirklich vom RAUSREISSEN!!!! Bei einem WKS (steht im Folgenden für Wunschkaiserschnitt) wird das Kind sanft entwickelt, auch wenn ich des öfteren schon lesen musste das es von einigen Damen ins “lächerliche” gezogen wurde. Einen NKS kann nie nie nie niemals mit einem WKS/primären KS verglichen werden. Und deshalb finde ich es suuuuper beknackt, dass NKS Frauen immer und immer wieder ihren KS mit einem WKS über einen Kamm scheren und deshalb nicht verstehen können, wie ein KS toll und sogar wunderschön sein kann! Wisst ihr eigentlich wie es bei einem NKS abgeht? Nein das wissen teilweise nicht mal die NKS-Frauen, weil sie nur die Hälfte mitbekommen. In dem Moment in dem ein NKS notwendig wird, werden sie so überrumpelt, bekommen Angst und Panik, werden womöglich sofort in Vollnarkose gelegt usw. DAS ist schlimm! Das ist HAMMER schlimm!!! Und jedesmal, wenn “SECTIO-ROT” geschrien wird und alle panisch los rennen um innerhalb von 3 Minuten die Frau “abzuschießen” (in Narkose zu legen) bleibt mir heute noch das Herz stehen und ich könnte losheulen und denke “oh nein, bitte nicht”!!
 
ICH als WKS Frau, die den KS so toll findet!! Ja jetzt wundern sich einige, was? Ein Not-KS ist schrecklich!!! Wir können kaum mit der Frau reden, können sie nicht beruhigen, müssen sie sofort in Narkose legen, weil in 3 verdammten kurzen Minuten “Schnitt” sein muss!!! Die Operateure kommen reingerannt und “hacken” drauf los, schneiden die Frau auf (da ist nichts mit sanft dehnen usw.) und REISSEN das Kind raus um es sofort der Hebamme und dem Rea-Team zur Erstversorgung zu übergeben. Dann wird die Frau ihm wahrsten Sinne des Wortes “zusammengeflickt”!! Und dann wundert ihr euch warum ihr nach eurem KS extrem doll Schmerzen habt??? Ernsthaft?! Die “rausgerissenen” Babys haben dann oft Anpassungsstörungen, weil sie eben “rausgerissen” wurden, vielleicht die Nabelschnur oder Sauerstoffmangel hatten, steckengebliebenen sind, plötzlich in einer Stresssituation waren und abfallende Herztöne oder auch zu hohe Herzschläge hatten…..!! Die Frau wacht auf, ist panisch (so wie man in eine Narkose rein geht, kommt man wieder raus), weiß nicht mal ob ihr Kind lebt. Bekommt dann zu hören, dass ihr Baby evtl. Anpassungsstörungen hat oder im schlimmsten Fall auf Intensiv oder gar in einer anderen Klinik liegt!!
 
NATÜRLICH GEHT ES EUCH DA BESCHISSEN VERDAMMT NOCHMAL!!!!!!!! Das versteht auch JEDER und es tut auch ganz bestimmt jedem hier leid…. Auch allen WKS-Frauen!! Weil gerade ihr NKS-Frauen den KS – der für euch zwar schrecklich und schlimm und nochmal schrecklich war, der aber euch und eurem Baby verdammt nochmal das Leben gerettet hat – so schlecht redet…. Immer wieder!!! Und den WKS Frauen vorhalten was sie ihren Kindern mit einem KS antun! NEIN!!!!! Denn genau aus diesen Gründen habe ich mich selbst zwei mal für einen WKS entschieden, weil ich eben das alles nicht wollte!!! Weder für meine Kinder, noch für mich!! Ich wollte mir niemals vorstellen dass ich diese panische Frau bin die da vor meinen Kollegen liegt und es mein Kind ist das sie versorgen müssen und mit wehenden Fahnen in die nächste Kinderklinik verlegen!! Vielleicht wäre bei einer Spontangeburt alles total super gelaufen, alles tutti, ohne Probleme, weil die NATUR das schließlich so eingerichtet hat!!! Aber wer kann mir das vorher sagen? Wie kann ich mir sicher sein? Nie! Und einer Natur die genügend Katastrophen von sich gibt vertraue ich nicht! Ich vertraue meinem Bauchgefühl, unseren Ärzten, unseren Kollegen, unserem OP. Da bin ich mir sicher, dass mir und meinem Baby nichts passiert und alle auf uns aufpassen! Das ist meine PERSÖNLICHE Meinung!!!
 
Wisst ihr wie ein WKS abläuft??
Die Frau wird gründlich aufgeklärt, es wird im Vorfeld mit ihr gründlich die Thromboseprophylaxe durchgesprochen, es wird evtl. Blut gekreuzt, Blutkonserven sind da falls ein Notfall auftreten würde, sie bekommt einen Termin, wird aufgefordert vorher nicht zu essen und zu trinken, um eine Aspiration zu vermeiden. Sie kommt im KH (Krankenhaus) zum Termin an und wird nochmal untersucht, bekommt im Vorfeld Infusionen um das Volumen zu erhöhen, falls sie etwas mehr Blut verlieren sollte……. Es werden so viele Gefahren und Komplikationen im VORFELD aus dem Weg geräumt. Die Ärzte & Anästhesie sind dadurch auf alles VORBEREITET!!! Sie kommen ganz gelassen, entspannt und ausgeschlafen in den OP, sind gut drauf – schließlich wird gleich ein Baby geboren. Sie unterhalten sich mit der werdenden Mutter, die Hebamme und nach Wunsch eine Begleitperson ist dabei, alle beruhigen sie, reden mit ihr und übertragen dann auch die Entspannung. Sie witzeln rum mit der Frau um die Angst zu entschärfen, die Spinale (Spinalanästhesie zur Betäubung) wird ganz in Ruhe gelegt während das OP-Team sich mit der Frau unterhält. Die Frau wird schön gelagert, so dass keine Druckstellen oder sonstiges entstehen, sie wird in Ruhe verkabelt und es wird alles erklärt. Die Operateure sind ganz vorsichtig, und entwickeln sanft das Kind…. Denn sie haben Zeit!!! Dem Baby geht es gut! Warum? Weil alles entspannt ist und es vorher KEINE Komplikationen gab. Da es den Babys so gut geht, bekommt die Frau ihr Baby direkt zum Bonding auf die Brust (bei uns ist es so) denn die U1 hat dann Zeit!!! Die Frau ist so überwältigt und abgelenkt von ihrem Baby, das alle Angst usw. abfällt. Die Plazenta wird vorsichtig gelöst, sofort Oxytocin verabreicht, deshalb kommt es auch meistens nicht zu schlimmen Blutungen…. Und FALLS DOCH: Keine Panik! Es sind alle wichtigen Instrumente und Medikamente da um die Blutung zu stillen und das Wichtigste (nochmal): es sind alle entspannt und nicht hektisch!! Außerdem sind zur Sicherheit Blutkonserven bereit, weil ja alles VORHER geregelt wurde!!
 
Das ist für mich Sicherheit!! Das ist für mich die Vorstellung einer schönen, entspannten und sicheren Geburt meines Kindes!!
Diesen Schwachsinn der immer erzählt wird wie: zu fein zum Pressen, Angst vor Schmerzen, Wunschdatum usw. ist der größte Scheiß den ich je gehört habe! Wie kommt ihr auf sowas? Und warum fragt ihr WKS-Frauen nicht mal nach den WIRKLICHEN Gründen für ihr Vorhaben?? Und wenn ihr das tut und die Frau antwortet: “Ich möchte Sicherheit für mein Kind” warum lacht ihr dann??? Denkt ihr nicht wir haben Gründe? Es gibt hier WKS-Mamas, die vor ihrem WKS ganz schlimme Erfahrungen mit einer Spontangeburt gemacht haben, und damit meine ich nicht “weil es ihnen weh getan hat”. Da sind Frauen deren Kinder reanimiert wurden und dadurch geistig zurückgeblieben sind, es sind Frauen dabei die fast gestorben sind, weil die Spontangeburt total in die Hose ging. Es gibt soooo viele Gründe!! Und diese Frauen finden die Spontangeburt genauso schrecklich wie ihr euern NKS und wollen das niemals wieder erleben und entscheiden sich deshalb für einen WKS! Oder es gibt Frauen die sich direkt für einen WKS entscheiden, ohne es vorher je versucht zu haben….. Vielleicht weil sie schlechte Erfahrungen gemacht haben und schlimmes mitbekommen haben innerhalb der Familie, bei Freunden, usw. Oder so wie ich durch meinen Beruf?! Es gibt soviele Gründe die nichts mit einem “Terminwunsch” oder “zu faul zum Pressen” zu tun haben und es kotzt mich an, dass man sich ständig dafür rechtfertigen muss warum mein einen WKS wählt und sich verurteilen lassen muss und ausgelacht wird, wenn man sagt: “es gibt nichts sichereres”.
 
Ja es ist eine OP!! Aber es ist auch keine RIIIIIIESEN BAUCH OP wie es immer dargestellt wird und gefährlich auch nicht, WENN alles geplant ist!!! Im OP stirbt es sich nicht so schnell, das kann ich euch sagen 😉
 
Dieser Betrag soll jetzt auch ganz bestimmt nicht die Spontangeburt schlecht reden und es ist bestimmt auch nicht so gemeint das jeden Spontangeburt negativ abläuft. Das was ich hier alles erzählt habe sind eben die “schlimmen” Fälle. Es gibt natürlich soooo viele wunderschöne und komplikationslose Spontangeburten ❤️ Aber wer kann einem das vorher sagen wie es bei einem selbst läuft nur, weil es bei 100000 anderen gut oder schlecht gegangen ist?? Keiner! Also verurteilt nicht Frauen die Angst vor einer Spontangeburt oder einem NKS haben und deshalb von vornherein sagen, dass sie einen WKS wollen!!!”
Text: Mareike Harder
———————
Der letzten Auforderung kann ich mich nur anschließen. Dazu vielleicht noch dieser Link zu einem bekannten Mütterblog; hier habe ich selbst versucht (nicht so plastisch, zugegeben), gegen die ewige Verdammung der Wunschkaiserschnittmütter anzuschreiben: 
https://www.stadtlandmama.de/content/aerztin-wunschkaiserschnittmuetter-sind-keine-egoistischen-weicheier