Der vorletzte Blogbeitrag befasste sich damit, dass Personen, die sich im Bereich Geburtshilfe und Beckenbodenerkrankungen gut auskennen, eher den Kaiserschnitt wählen, wenn sie als Ärztin zum Beispiel selbst ein Kind zur Welt bringen. Sie tun das nicht zuletzt aus der Befürchtung heraus, ihre Beckenbodenmuskeln- und Organe könnten schweren Schaden nehmen. Sie sind nicht überängstlich, nicht panisch, wie ihnen oft vorgeworfen wird. Sie haben Recht. Eine ganz aktuelle Studie aus Spanien hat dies erneut bestätigt. Darin wurde untersucht, wie sehr es die Lebensqualität von Frauen noch fünf bis zehn Jahre nach einer ersten vaginalen Geburt oder einer Bauchgeburt beschädigt, wenn sie Beckenbodenverletzungen und -funktionsstörungen in Form von Stuhl- und Urininkontinenz sowie Organsenkungen davongetragen haben. In der Zusammenfassung der Studie werden Prozentzahlen genannt, die Probleme seien unterdiagnostiziert. Man müsse den Frauen mehr helfen, Awareness schaffen – und noch einige kluge Forderungen mehr. Aber was man erst erkennt, wenn man diese Studie im Detail studiert, ist der große Unterschied zwischen vaginaler Geburt und Kaiserschnitt, wenn man den Beckenboden betrachtet. Nicht, dass dies neu wäre, nicht, dass es hier nicht schon oft mit wissenschaftlichen Daten belegt worden wäre, aber es ist doch eine Bestätigung zu sehen, dass sämtliche Analysen in die eine Richtung weisen: Kaum eine Maßnahme stellt eine so wirkungsvolle Prävention gegenüber Beckenbodenschäden dar wie der Kaiserschnitt.

Erstmal die Fakten: Die Forschenden haben Erstgebärende befragt, die zwischen 2012 und 2016 ihr erstes und einziges Kind bekamen entweder vaginal oder per Kaiserschnitt – dies geschah fünf bis zehn Jahre nach den Geburten. Von 456 befragten Frauen hatte die Hälfte mindestens ein Beckenbodenproblem. Bei 43,9 % war es Urininkontinenz, 5,5 % hatten Organsenkungen von Gebärmutter, Blase oder Enddarm und immerhin 15,6 % beklagten irgendeine Undichtigkeit des Darmschließmuskelapparates, so dass Winde oder Stuhl unwillkürlich und unkontrollierbar abgingen. Ein Drittel fühlte sich dadurch dysfunktional und die Hälfte gab an, “milde bis moderate” Symptome zu haben. 

Man sollte erwähnen, dass nach dem Sexleben oder nach Dyspareunie – Schmerzen beim intimen Zusammensein – schon gar nicht gefragt worden ist. Man sollte auch wissen, dass zunächst am Telefon nur ein Drittel der Frauen über Symptome in Bezug auf den Beckenbodenschaden klagten, beim genauen Auswerten der Fragebögen aber herauskam, dass doch 50% solche hatten, will sagen: Im Gespräch, selbst im Telefongespräch trauen sich erst mal etliche Betroffene nicht, so wirklich über ihre Probleme zu reden. Wenn Sie jedoch detailliert abgefragt werden und zur Sprache kommt, was alles im Argen liegt, wird oft erst offenbar, wie viele mehr von den Frauen am Ende doch beeinträchtigt sind.

Und schließlich der Vergleich zum Kaiserschnitt – er kommt ein wenig versteckt daher. Statistisch hatte der im Vergleich zur vaginalen Geburt weniger Prolaps/Senkungen mit einer Odds Ratio von 0,11 zur Folge. Übersetzt heißt das: Die Chance, eine Beckenbodensenkung zu erleiden, war nach Kaiserschnitt um 89% geringer, als wenn vaginal entbunden worden ist. Das Risiko für Harninkontinenz war ebenfalls geringer – mit einer Odds Ration von 0,63 – also um 37%. Für Analinkontinenz habe man keinen Schutz durch den Kaiserschnitt feststellen können – aber man hat in dieser Studie auch nicht untersucht, wie viele Frauen tatsächlich Risse in der Schließmuskulatur unter der vaginalen Geburt erlitten haben. Solche Verletzungen im inneren oder äußeren Darmschließmuskel im Analkanal kommen ausschließlich bei vaginalen Geburten vor.

Mithin dürfen wir als Fazit formulieren: Wieder einmal bestätigt uns die neueste wissenschaftliche Evidenz, dass für alle, die erhöhte Risiken haben, einen Beckenbodenschaden zu erleiden, diese Risiken am ehesten durch einen Kaiserschnitt zu minimieren sind. Und wie so oft wiederholt: Eine Frau muss sich nicht für die Bauchgeburt entscheiden, aber sie sollte abwägen dürfen. Um das zu tun, benötigt sie Informationen: Welche Risiken liegen vor, wodurch lassen sich diese verringern und werden diese Maßnahmen auch eingehalten? Eigentlich das Mindeste, das man von einer Geburtshilfe in einem funktionierenden Gesundheitssystem im Jahr 2025 erwarten darf. 

Quelle: González-Timoneda A, et al.: Prevalence and impact of pelvic floor dysfunctions on quality of life in women 5-10 years after their first vaginal or caesarian delivery. Heliyon. 2025;11(3):e42018. DOI: 10.1016/j.heliyon.2025.e42018