Ein Dogma fällt: In England gibt es keine Obergrenze mehr für Kaiserschnitte

Wir nehmen gerade an einem der wichtigsten geburtsmedizinischen Meilensteine teil, der in die Geschichte eingehen wird: England verabschiedet sich von der lange gültigen Vorstellung, nur eine niedrige Kaiserschnittrate sei eine gute Kaiserschnittrate. Ein Land, das wie kein anderes über viele Jahre zum Schaden der Kinder und Mütter die Geburtsphilosophie von den Advokaten einer natürlichen Geburt “um jeden Preis” bestimmen ließ, sieht eine möglichst hohe Zahl natürlicher Geburten ab sofort nicht mehr als erstrebenswertes Ziel an. Mütter sollen fortan nicht befürchten müssen, zu einer natürlichen Geburt überredet oder gar gedrängt zu werden, wenn sie mit zu hohen Risiken für sich und ihr Ungeborenes in den Kreißsaal kommen. Entscheidend soll vielmehr sein, dass das Kind und seine Mutter am Ende des Tages gesund und unversehrt sind – was Leserinnen und Leser dieses Blogs im übrigen schon lange lesen konnten. Wir müssen uns den Februar 2022 als eine Kehrtwende im Kalender markieren. Medizinhistoriker werden künftige Müttergenerationen darüber belehren, welche Kehrtwende hier vorgenommen worden ist. Was ist geschehen?

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Das angebliche WHO-Limit zur Kaiserschnittrate von höchstens 15 % ist unbegründet

Wer kennt sie nicht, die angebliche Obergrenze der WHO in Sachen Kaiserschnitt. Jeder, der überzeugt ist, ein Kaiserschnitt sei von Übel und man müsse die Rate – koste es, was es wolle – senken, zitiert diese unseligen 15%. Nicht mehr als 15% der Kinder sollten per Kaiserschnitt zu Welt kommen, so fordere es die WHO – das wird oft unkritisch in Fach- oder Frauenzeitschriften nachgeplappert. Das haben Experten international schon lange als unsinnig entlarvt, aber endlich gilt dies auch in Deutschland offiziell als Blödsinn. Denn die Leitlinie Kaiserschnitt hat diese Grenze nun verneint, wie im Deutschen Ärzteblatt nachzulesen ist: “Die Vorgabe einer spezifischen Sectiorate sei nicht Bestandteil dieser Leitlinie, schreiben die Autoren. Aufgrund fehlender Daten zur mütterlichen und kindlichen Morbidität sei derzeit keine zuverlässige Aussage über eine optimale Rate möglich. Die von der WHO im Jahr 1985 formulierte Grenze von 10 bis 15 Prozent wurde in einem WHO-Statement im Jahr 2015 aus eben diesem Grund relativiert- nachzulesen hier: https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/113736/Erste-S3-Leitlinie-zum-Kaiserschnitt-soll-Entscheidung-fuer-Geburtsmodus-erleichtern

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