Werdende Mütter machen sich immer öfter Sorgen über Geburtsverletzungen von sich selbst und beim Kind während einer natürlichen Geburt. Hier in einem Forum für Schwangere klingt das so: Guten Abend ihr lieben, … Meine große bekam ich per KS, wegen BEL, da gab es auch damals keine Diskussion für mich! Nun ist es jetzt so (23ssw) das ja grundsätzlich erstmal alles für eine normale Entbindung spricht, auch würde ich dieses Erlebnis gerne mitnehmen! Meine größte Angst ist, nicht die Schmerzen während der Geburt), sondern die Verletzungen, die evt dafür sorgen, dass es hinterher untenrum nicht mehr alles so ist wie es mal war Diese Vorstellung lässt mich wirklich über einen WKS nachdenken, obwohl ich das eigentlich nicht möchte.
Eine weitere Angst, ist die Sauerstoffunterversorgung des Kindes unter der Geburt! Könnt ihr mir irgendwie die Angst nehmen?
Das ist die große Frage, kann man eigentlich vorhersagen, wen es trifft und wen nicht. Dazu ist ein neuer Artikel in einer skandinavischen Fachzeitschrift für Frauenärzte erschienen und die Ergebnisse zeigen zumindest, dass es einige Risikofaktoren gibt, an denen sich die Schwangere orientieren kann. Es geht konkret um den Levator ani, den Beckenbodenheber, den Muskel, der mit am wichtigsten für einen intakten Beckenboden ist. Reißt er ab vorne am Schambein, dann macht das einen Prolaps, das Absenken von Beckenorganen, viel wahrscheinlicher. Levatorschäden bleiben oft verborgen, so dass sie nach der Geburt erst mal nicht direkt erkannt werden, obwohl Scheiden- und Beckenbodenrisse Verdacht erregen sollten. Aber auch die Überdehnung schädigt diesen Muskel mitunter dauerhaft, er ist dann zwar nicht abgerissen, kann aber seine Haltefunktion dennoch nur unzureichend erfüllen (man bezeichnet dies dann als Mikrotrauma).
Ein internationales Forscherteam hat die Daten von 844 Erstgebärenden ausgewertet. 452 hatten eine natürliche Geburt, 102, also jede achte Frau, eine Saugglockengeburt und bei 6% – insgesamt 55 kam die Geburtszange zum Einsatz. 98 trugen einen Abriss und 97 ein Mikrotrauma. Mittels Ultraschalluntersuchungen wurden Art und Ausmaß der Geburtsverletzungen untersucht. Dabei zeigte sich, dass je älter die Schwangere, desto größer die Gefahr für einen Muskelabriss. Erklärt wird dies damit, dass das Gewebe an Elastizität verliert. Auch bestimmte anatomische Konstellationen, die sich mittels Ultraschall identifizieren lassen, können vor der Geburt einen Hinweis geben. Dazu zählt zum Beispiel der Winkel, in dem die Blase im Übergang zur Harnröhre geneigt ist.
Dass ein höherer Body-Mass-Index schützend wirkt, erstaunt eher, wurde aber schon von anderen bestätigt. Unklar ist, wie sich ein schweres Kind auswirkt, denn die Mütter, die eher einen höheren BMI haben, haben auch öfter schwerere Kinder. Auch ein Kaiserschnitt in der Vorgeschichte der Familie der Schwangeren (bei Mutter oder Schwester) birgt ein höheres Risiko, dass der Beckenbodenmuskel überdehnt wird. Man kann das so deuten, dass ähnliche Gewebeeigenschaften dann auch bei Verwandten zu komplikationsträchtigen Geburten führen.
Es ist die bislang größte Studie, um Risikofaktoren für Beckenbodenverletzungen festzustellen. Die Ergebnisse können zwar keine klaren Grenzwerte festlegen, aber klar ist, dass eine 37 Jahre alte Frau sich gut überlegen sollte, wie sie entbindet, eine 27-jährige hingegen ein geringeres Risiko für Beckenbodenschäden hat. Auch eine Frau, deren Schwestern oder Mutter einen Kaiserschnitt hatten, sollten dies mit ihrem Frauenarzt im Hinblick auf ein erhöhtes Risiko besprechen. Die Ultraschalluntersuchungen, mit deren Hilfe man bestimmte Parameter am Beckenboden und an der Blase messen kann, sind einfach und billig. Wenn es gelänge, diese weiter zu verbreiten, könnten werdende Mütter zumindest erste Hinweise auf eine mögliche Gefährdung erhalten.
Im nächsten Blog soll eine weiterer Hinweis besprochen werden – die Länge des Gebärmutterhalses in der 37. Schwangerschaftswoche gibt offenbar ebenfalls gute Hinweise dafür, ob ein Kaiserschnitt droht.
Quelle:
Caudwell-Hall J, et al.: Can pelvic floor Trauma be predicted antenatelly? Acta Obst et Gynecoligica Scandinavica AOGS 2018;97:751-757. https://obgyn.onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/aogs.13315